Das Rezeptduell: Ragú alla Bolognese

Kaum ein Gericht ist so bekannt wie die klassische Bologneser Fleischsauce und kaum eines ist so missverstanden. Denn ein gutes ragú alla bolognese braucht kulinarisches Können und Zeit. Das Talent des Koches oder der Köchin kommt nämlich dort zum Vorschein, wo mit bescheidenen Zutaten und viel Liebe gearbeitet wird. Die perfekte Pasta zu kochen, ist eine hohe Kunst! Das beginnt schon mit der richtigen Auswahl der Nudeln. Denn Spaghetti eignen sich nur bedingt für dieses Gericht. Besser passend ist Pasta mit einer größeren Oberfläche, um die Sauce besser aufnehmen zu können. Klassischerweise werden frische Tagliatelle verwendet, aber auch Trockenpasta wie etwa Bucatini oder Fussili eignen sich gut.
Um die Zubereitung der Sauce selbst haben sich schon zahllose meisterhafte Köche und Köchinnen den Kopf zerbrochen. Wir stellen Ihnen heute zwei Rezepte für ein ragú alla bolognese von zwei absoluten Koryphäen der klassischen italienischen Küche vor.
Das erste Rezept stammt aus dem Buch „aus Italiens Küchen“ von Marianne Kaltenbach, stammt aber eigentlich von Virginia Cerbaloni mit ergänzenden Kommentaren von Kaltenbach.
Das zweite Rezept haben wir der „klassischen italienischen Küche“ von Marcella Hazan entnommen.

ragú alla bolognese
nach Virginia Cerbaloni

für 6 Personen

100g Pancetta
1 kleine Zwiebel
1 Karotte
1 Stückchen Sellerieknolle
50g Butter
150g grob gehacktes Schweinefleisch
150g grob gehacktes Rindfleisch
1 Gewürznelke
1 Lorbeerblatt
100 ml guter Rotwein
200 ml Rindsfonds
1 EL Tomatenmark
Salz, Pfeffer,
Muskatnuss
200 ml Milch

Pancetta, Zwiebel, Karotte und Sellerie fein hacken. Mit Butter, gehacktem Fleisch, Gewürznelken und Lorbeerblatt in eine Kasserolle geben. Sehr gut anbraten, bis Fleisch und Gemüse leicht gebräunt sind. Mit Wein und 1/2 Glas heißem Rindsfonds ablöschen. Verdampfen lassen, dann restlichen Rindsfonds beifügen. Wiederum verdampfen lassen und mit Tomatenmark, Salz, frisch gemahlenem Pfeffer und Muskatnuss abschmecken. Die Milch erhitzen und dazu gießen. Die Kasserolle zudecken und die Sauce leise köcheln lassen, bis die Milch eingekocht ist. Vom Moment an, wo die Milch zugegossen wird, beträgt die Kochzeit etwa 1 Stunde.

ragú alla bolognese
nach Marcella Hazan

für 6 Personen
1 EL Pflanzenöl
45g Butter
85g gehackte Zwiebeln
3 Stangen Sellerie, gehackt
4 mittelgroße Karotten, gehackt
350g durchwachsenes Rindfleisch
frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
frisch geriebene Muskatnuss
1/4l Vollmilch
1/4 l trockener Weißwein
500g San-Marzano Tomaten aus der Dose

1. Öl, Butter und gehackte Zwiebeln in den Topf geben und auf Mittelhitze schalten. Die Zwiebel unter Umrühren glasig anschwitzen, dann gehackten Sellerie und Karotten hinzufügen. Etwa 2 Minuten garen; umrühren, damit das Gemüse gut mit Fett überzogen ist.
2. Gehacktes Rindfleisch, eine große Prise Salz und ein wenig Pfeffer dazugeben. Das Fleisch mit der Gabel zerkrümeln, sorgfältig umrühren und so lange garen, bis es nicht mehr roh und rot aussieht.
3. Die Milch hinzufügen und unter häufigem Umrühren so lange brodeln lassen, bis sie völlig verdampft ist. Eine winzige Prise, etwa 1/8 TL, Muskatnuss in den Topf reiben und umrühren.
4. Den Wein dazugeben und langsam verdampfen lassen, dann die Tomaten hinzufügen und alle Zutaten sorgfältig verrühren. Wenn die Tomaten zu brodeln beginnen, die Hitze verringern, sodass die Sauce sehr schwach kocht; es darf nur hin und wieder eine Blase an die Oberfläche steigen. Mindestens 3 Stunden unter gelegentlichem Umrühren köcheln. Es wird Ihnen auffallen, dass die Sauce trocken wird und das Fett sich vom Fleisch trennt. Damit sie nicht anbrennt, fügen Sie jedes Mal, wenn es nötig wird, 1/8l Wasser hinzu. Zum Schluss darf jedoch kein Wasser mehr vorhanden sein, und das Fett muss sich von der Sauce trennen.

Der augenfälligste Unterschied zwischen den beiden Saucen, ist die fast vollständige Abwesenheit von Tomaten in der ersten Variante. Tatsächlich scheiden sich an dieser Frage die Geister. Mittlerweile hat sich vor allem in der internationalen Küche, die Version mit Tomaten durchgesetzt. Nachdem Tomaten erst spät Eingang in die europäische Küche gefunden haben, ist das Rezept von Virginia Cerbaloni strenggenommen wahrscheinlich das traditionellere.

Schlussendlich erhält man bei Marcella Hazan eine modernere, etwas frischere, man könnte sagen sommerliche Variante, wohingegen das Cerbalonische Rezept einen sämigeren, fleischlastigeren und eher winterlichen Geschmack auf den Teller bringt.

Wie alle erfahrenen KöchInnen wissen, kommt es bei der Zubereitung jeder Speise auf die Reihenfolge an, mit der die Zutaten hinzugefügt werden. Die ersten Zutaten bilden die Basis oder wenn man so möchte das Herz des Gerichts, wohingegen die zuletzt hinzugefügten Zutaten sozusagen die Kopfnote bilden, bzw. den ersten Geschmack, der von der Zunge erfasst wird.

Marcella Hazan fügt die Milch gleich anfangs hinzu, während Cerbaloni die Milch als letzte Zutat hinzufügt. So entfalten sich auch im ersteren Fall zunächst die frischen Tomaten und der spritzige Weißwein im Mund und die Milch rundet das Gericht sozusagen hinten im Gaumen herzhaft ab.
Bei Cerbaloni nimmt man hingegen zuerst den sämigen weichen Geschmack der Milch wahr, wohingegen sich der reichhaltige Rotwein und die warmen Gewürze etwas später entfalten.
Unterstrichen wird der sommerliche, leichtere Effekt von Hazans Gericht zusätzlich durch den frischeren Stangensellerie und einer größeren Menge an verwendetem Gemüse. Im Gegensatz zum erdigeren Geschmack des Knollenselleries von Cerbaloni, die auch mit deutlich weniger Gemüse, auskommt, dafür aber Schweine- und Rindfleisch mischt und ihrem ragú noch Pancetta hinzufügt.

Unser Fazit: Marcella Hazan an den lauen Sommerabenden auf der Terrasse und Virginia Cerbaloni in der warmen Stube, wenn es draußen stürmt und schneit!

"Die Welt gehört dem, der sie genießt."

- Leopardi
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