„Den Wald auf den Teller holen“
[Interview von Andreas Hamedinger]
Seit gut drei Jahren ist Giuseppe Lopez (25) im Waldhof Fuschlsee Resort in Fuschl am See. Seit 2024 ist er als Küchenchef für die kulinarischen Agenden des Hauses zuständig. Im Interview spricht er über seine Arbeit und warum für ihn Kochen eine ganz besondere Sache ist.
Giuseppe Lopez
Wie war das erste Jahr als Küchenchef?
Für mich war es von Anfang an wichtig, unsere Küchenphilosophie klar umzusetzen: Wir möchten die Natur und den Wald in jedem Gericht spürbar machen. Das heißt, wir arbeiten intensiv mit Kräutern, Hölzern, Wurzeln und allem, was uns die Umgebung schenkt. Gleichzeitig legen wir größten Wert auf Handwerk – fast alles, was wir in der Küche verwenden, stellen wir selbst her. Von Fonds und Saucen bis hin zu eingelegten oder fermentierten Produkten. Unser Ziel ist es, nicht nur mit regionalen Zutaten zu arbeiten, sondern auch durch Eigenproduktion eine echte Geschmacksidentität zu schaffen.
Was ist Kochen für Sie?
Kochen ist mein Leben. Es ist weit mehr als ein Beruf – es ist meine größte Leidenschaft. Für mich bedeutet es, Gefühle auszudrücken, Erinnerungen zu wecken und Geschichten zu erzählen. Schon als Kind war die Küche mein Zuhause, ich habe mich dort immer lebendig gefühlt. Heute ist es mein Weg, mich kreativ auszuleben und anderen Freude zu schenken – mit jedem Teller, den ich kreiere.
Sie sind kein gelernter Koch, oder?
Das stimmt – ich bin kein klassisch ausgebildeter Koch. Aber ich hatte die besten Lehrer, die man sich wünschen kann: meinen Vater Salvatore und meinen Onkel Giuseppe. Beide waren Gastronomen mit Herz und haben mir von klein auf alles beigebracht, was sie wussten. Ich stand buchstäblich seit ich denken kann in der Küche – habe beobachtet, gelernt, mitgearbeitet. Der Weg war nicht leicht. Gerade als Ungelernter muss man sich den Respekt seiner Kollegen erst hart erarbeiten. Aber ich glaube fest daran: Wenn man etwas wirklich will und bereit ist, alles dafür zu geben, kann man alles erreichen. Und ich wollte nie etwas anderes tun als das hier.
Was ist das Ziel in der Küche?
In erster Linie möchte ich Menschen verzaubern. Ich möchte, dass sie spüren, wie viel Liebe und Hingabe in jedem einzelnen Gericht steckt – dass Kochen mehr ist als Technik, nämlich Gefühl. Wenn Gäste sich erinnern, berührt sind oder lächeln, dann habe ich mein Ziel erreicht. Natürlich freuen wir uns auch über Auszeichnungen wie Hauben – das sind schöne Bestätigungen. Aber wir gehen Schritt für Schritt, konzentrieren uns auf das Jetzt. Alles andere kommt mit der Zeit.
Ihre Küche wird als „Waldzauber-Küche“ beschrieben. Was dürfen sich Gäste darunter vorstellen?
Wir möchten zeigen, dass man aus vielen Produkten viel mehr schöpfen kann, als man vielleicht auf den ersten Blick denkt. Unsere Küche arbeitet mit dem, was uns die Natur gibt – Kräuter, Hölzer, Pilze, Wurzeln, Blüten, Harze. Wir holen den Wald auf den Teller, aber nicht nur im Geschmack – auch in der Atmosphäre und der Geschichte, die wir erzählen. Jedes Gericht entsteht aus dem Gedanken, dass Liebe und Leidenschaft die wichtigsten Zutaten sind. Wir wollen überraschen, inspirieren und zeigen, wie viel Schönheit in den einfachsten, ursprünglichen Dingen liegt.
Kochen gilt als harter Beruf. Was motiviert Sie jeden Tag aufs Neue?
Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir in der Gastronomie wieder zu unseren Wurzeln zurückkehren. Kochen hat in den letzten Jahren viel von seinem Stellenwert verloren – dabei ist es einer der schönsten Berufe, die es gibt. Was mich jeden Tag motiviert, ist genau das: Ich möchte zeigen, wie viel Liebe, Kunst und Emotion in diesem Handwerk steckt. Egal ob junger Koch oder alter Hase – wer mit Herz kocht, kann Großes schaffen. Ich will andere mit meiner Leidenschaft anstecken. Kochen ist meine Sprache, mein Ausdruck von Liebe. Und ich wünsche mir, dass wieder mehr Menschen erkennen, wie viel Schönheit in diesem Beruf liegt. Es wird Zeit, dass sich etwas verändert – zum Positiven.
Und wo liegen derzeit die größten Herausforderungen in der Küche?
Die größte Herausforderung liegt für mich darin, die Wurzeln unserer Branche neu zu denken. Ich sage nicht, dass früher alles besser war – viele Köche wissen, was der Begriff „alte Schule“ bedeutet. Und genau darin liegt das Spannungsfeld: Wir wollen etwas verändern, aber ohne unsere Identität als Köche zu verlieren. Für mich heißt das nicht, auf moderne Techniken wie Cook & Chill zu setzen, sondern Verantwortung zu übernehmen für das Umfeld, das wir schaffen – für unsere Gäste, aber auch für unser Team. Wir gehen bewusst zurück zum Ursprung, zu echter Küche, wie sie große Namen wie die Obauer-Brüder in Österreich geprägt haben: mit Liebe zum Detail, mit Respekt vor dem Produkt, mit Seele. Es geht auch heute noch – nur eben mit einer neuen Haltung. Härte und Druck sind nicht mehr zeitgemäß, aber Leidenschaft und Präzision sind es umso mehr.
Sie hätten vermutlich auch die Möglichkeit, sich selbstständig zu machen. Warum bleiben Sie dem Waldhof treu?
Loyalität und Treue sind für mich etwas sehr Besonderes. Unsere Geschäftsführung – Daniela Kari und Stephanie Ouvrad – hat mir in jungen Jahren eine echte Chance gegeben. Sie haben mir eine Bühne geboten, auf der ich meine Vision leben und Teil einer Veränderung sein darf. Diese Wertschätzung gebe ich mit voller Überzeugung zurück. Ich möchte jungen Köchinnen und Köchen zeigen, wie viel Schönheit in diesem Beruf liegt – und ihnen helfen, über sich hinauszuwachsen. Wer Lust hat, Teil dieser Reise zu sein, darf sich jederzeit bei mir melden. Wir erschaffen gemeinsam Großes.
Infos unter:
Waldhof Fuschlsee Resort
Seestraße 30
5330 Fuschl am See, Österreich
Tel: 0043 6226 8264
info@waldhof-fuschlsee.at
[Fotocredit: Ebner´s Waldhof; Foto Giuseppe Lopez/Hamedinger]